Fantenmärchen
Es waren einmal ...
... zwei Elefanten, -
ein groooßer grauer Bulle und ein kleines rosarotes Fantenmädchen, die beide tagein,
tagaus für sich alleine im Dschungel spazierengingen. Keiner wusste vom anderen.
Doch da, eines Tages, kreuzten sich ihre Wege, und der große Elefant dachte bei sich
"ich weiiiiß nicht, ich weiiiß nicht ... doch die Kleine werde ich mir im Auge behalten".
Das rosarote Fäntchen zog weiterhin fröhlich und vor sich hin träumend durch den Busch.
Das gefiel dem Grauen. Er kramte in seinem Schatzkästlein, bis er das Richtige fand: Eine
rosarote Brille. Dieses wunderhübsche Stück hängte er an eine Liane, an der das kleine
Elefäntchen täglich auf seinem Rundgang vorbeikam. Die Freude der Kleinen war riesig,
als sie die Brille auf ihr dickes Näschen setzte und sich in einem nahen Tümpel bestaunte.
Doch noch etwas zeigte ihr der ruhige Wasserspiegel: Ein groooßes, großes rosiges Ding,
das ihr selbst glich. Als sie aufsah, begegneten ihre Augen dem runden neugierigen Blick
und einem wohlgefälligen Lächeln des großen starken Bullen. Das Fantenmädchen war
fasziniert. Von diesem Tag an folgte sie dem Dicken, der durch ihre rosa Brille so schön
und vollkommen wirkte, rosarot wie sie selbst, auf Schritt und Tritt. Sie suchte ihm die
schönsten Bananen, die saftigsten Gräser und das süßeste Zuckerrohr. Dabei bemerkte sie
nicht, dass er sie, als er ihrer Liebe sicher war, kaum mehr beachtete, aber trotzdem in
ihrer grenzenlosen Verehrung badete wie in einer frischen Quelle.
Und eine Quelle war es, die eine Wende brachte. Eines Abends, als der große Graue
in seinem Lieblingswasserloch saß und sich vom rosaroten Fäntchen beduschen und
erfrischen ließ, rutschte die Kleine am schlammigen Ufer aus, krachte auf ihren runden
Elefantenpopo; - die Brille flog ihr vom rosa Rüssel, prallte auf einen Felsen und zerbrach.
Oh welch Unglück, oh welch ein Schreck ... So oft und so lange sich das Elefäntchen auch
die Äuglein rieb, das dicke alte graue Ungetüm im Teich blieb grau und dick und gefiel
ihr überhaupt nicht mehr. Nun sah und spürte sie auch, dass sie all ihre Kraft und Liebe
für nichts dahingegeben hatte, sah auch sich selbst im Wasserspiegel, ihre verbrauchten
Träume, ihr ausgezuzeltes Herz, ihren müden Blick.
Schnell lief die kleine rosa Elefantin in den nahen Dschungel, lief weit, weit fort und
versteckte sich im Dickicht, so lange, bis sie wieder genesen war.
Noch einige Male sah sie an den Lianen neben ihren gewohnten Wegen hübsche rosarote
Brillen baumeln, doch sie würdigte diese keines Blickes. Und so dauerte es nicht allzu lange,
bis sich die Tiere des Urwalds wieder über ihre kleine dicke Rosarote freuen konnten, die,
meist sehr fröhlich, doch auch vor sich hinträumend, durch den Busch tanzte.
© Insu