1997 wollte ich ernsthaft zur schreibenden Zunft
gehören. Um nicht aus dem Nichts heraus eine Sache
anzugehen, bei der mir allein bei dem Gedanken daran schon
etwas schwindelig wurde, hatte ich eine Idee. Günter Grass
war gerade wegen seines 70. Geburtstages in aller Munde
und ich dachte mir, so ein Volksschriftsteller müsste doch
eine freischaffende Laiin beraten können. Was lag da also
näher, als nach Behlendorf, seinem Stammwohnsitz zu fahren.
Ich entwarf also, meine schriftstellerischen Vorstellungen
betreffend, ein flammendes Pamphlet. Außerdem stellte ich
mich bezüglich meiner Ostvergangenheit in aller Bescheidenheit
vor. Ich hatte ja zuvor immer wieder gehört, wie er sich in Fragen
Ostdeutschland kritisch artikulierte. Daraus resultierend nahm ich
an, dass ihm eine Ossierin geradezu recht kam. Also lieh ich mir
eines Tages den PKW von meiner Freundin und ab ging’s in jenen
Ort meiner Begehrlichkeiten. Dort angekommen, kurvte ich erst
einmal eine ganze Weile umher, ohne seinen Wohnsitz gefunden
zu haben. Nette Dorfbewohner wiesen mir dann nach einer
beträchtlichen Zeit den Weg zum Reich des Pegasus. Dort
angekommen, traute ich mich dann doch nicht, zu läuten, obwohl
ich ihn von der Gartenpforte aus in seiner Werkstatt hantieren sah.
Ich warf dann, wenn auch zögerlich, meine Botschaft in den namenlosen
Briefkasten.
Wieder zu Hause, wartete ich natürlich voller Enthusiasmus auf eine
Antwort. Es sollten Tage, es sollten Wochen vergehen, nichts geschah.
Eines Tages wurde in den LN angekündigt, dass eine Vorlesung von ihm
in der „Gemeinnützigen“ in Lübeck stattfinden würde. Ich natürlich, wie
sollte es anders sein, nichts wie dort hin. Nach der Vorlesung reihte ich
mich dann beflissentlich in die endlos scheinende Schlange von Autogrammjägern
beziehungsweise Interessierten ein. Irgendwann stand ich dann vor
ihm und hörte mich etwas aufgeregt fragen: „Herr Grass, ich hatte ihnen ein
Schreiben direkt in den Briefkasten gesteckt, würden Sie mir freundlicherweise
sagen, weshalb ich darauf keine Antwort erhalten habe.“ Seine nachfolgende
Aussage war für mich allerdings wenig erbaulich: „Ich habe das früher einmal
gemacht, es sind einfach zu viele geworden.“, und weiter, „Ich antworte
grundsätzlich nicht mehr auf Anfragen.“ Auf diese Antwort fiel mir natürlich
keine weitere Frage ein. Das Buch welches er vorgestellt hatte, erwarb ich
natürlich auch käuflich und das mit seinem Autogramm versehen.