Punkt 15.00 Uhr klingelte es wie vereinbart und erlöste
uns, Charly und mich, aus der Warteschleife. Flugs ging es
nach Stockelsdorf, einer an Lübeck angrenzenden Gemeinde.
Natürlich wurden wir schon erwartet. Nun gab es erst einmal
Kaffee und Kuchen. Als das Gespräch auf den Weihnachtsmann
kam erklärte uns die Siebenjährige, dass sie sich mit dem
Busfahrer unterhalten hätte und er meinte, dass der Weihnachtsmann
bestimmt ein Nachbar sei. Jetzt war das erste Mal grübeln
angesagt. Als dann, noch bei Tageslicht, ein Flugzeug mit
Kondensstreifen sichtbar wurde erzählte ich, dass dort
bestimmt der Weihnachtsmann drin sitzt und einen Landeplatz
sucht. Das nahm die Kleine erst einmal so hin.
Bevor ich zur Verkostümierung ging wurde ihr erzählt,
dass ich eine Freundin besuchen müsste, aber Charly bleibt,
weil diese auch einen Hund hätte und der etwas giftig sei.
Laut Absprache durfte ich dann eine Wohnung im Erdgeschoss
nutzen, um die Umzieherei zu bewerkstelligen. Zügig schlüpfte
ich in den Mantel und war froh, dass ich Gummistiefel dabei
hatte. Letztes Jahr wurde uns nämlich erklärt, dass der
Weihnachtsmann auch solche Stiefel wie ich angehabt hätte.
Flugs waren die Augenbrauen angeklebt und verschönerte ein
wallender Bart mein Antlitz. Die Tarnung sollte eigentlich
ausreichend sein. Natürlich versteckte ich mich weitestgehend
in der Mantelkaputze.
Nachdem die zahlreichen Päckchen verstaut waren ging es vor
die Haustür. Eigentlich sollte die kleine Lady mich ja
einlassen. Vielleicht war mein Klopfen zuvor doch ein wenig
zu laut, denn sie soll wohl Angst bekundet haben und kam
deshalb nicht selber. Die Holztreppe hinauf waren die
stampfenden Geräusche, von meinen Weihnachtsmanngummistiefeln,
ein richtiger Programmknüller. Auch für mich.
Gefasst stand die Lina kurz darauf vor mir und streifte mich
mit etwas misstrauischen Blicken. Das Gedicht sagte sie
voller Begeisterung auf, ihre erwartungsvollen Augen dabei
auf meine Mitbringsel gerichtet. Endlich, ein Befreiungsschlag
für sie, gab es dann die Geschenke. Nur wenige Minuten später
verkündete ein großer Haufen Packpapier davon, dass der
Weihnachtsmann da gewesen sein muss.
Zum anstehenden Gänsebraten zog ich mich wieder um. Der war
schon eine Weile verspeist, als an mich das Wort gerichtet
wurde. Das vor nicht allzu langer Zeit bescherte Kind meinte:
„Das warst du Katrin, ich habe dich an deinen bemalten Augen
erkannt“. In der darauf folgenden Stille hätte man Fliegen husten
hören können. Ob es noch etwas nutzte, dass wir ihr ihre
Erkenntnis ausreden wollten, ist nicht nachweisbar.
Nächstes Jahr ist der Weihnachtsmann jedenfalls gestrichen,
denn einem Zweitklässler kannst nix mehr von Osterhasen
und Weihnachtsmännern erzählen, ohne dass ein Busfahrer die
Nachbarn ins Gespräch bringt.
*
Packpapier soweit das Auge reicht. 
Friedvolle Stille und reiner Weihnachtsgeschenkegenuss.