( Komme von Pension Chris, S. 1 )

Ich war froh, heute mal nicht in dieses Steinkamp-Zentrum zu gehen und
genoss erstmal den Spaziergang im Park. Zwar gab es hier nicht so viel Grün wie
in Irland, aber frische Luft tat immer gut. Und irgendwie erinnerte mich der
Park an unsere Nacht vor 10 Jahren. Aber ich wollte ja nicht mehr daran denken,
nur tat es wahnsinnig weh, immer wieder dran erinnert werden zu müssen. Parks
waren wohl überall gleich. Ich holte meinen Fotoapparat heraus und fing an, so
Einiges im Park zu fotografieren. Ich sah auch eine kleine Parkbank und knipste
sie auch. Doch halt, was sah ich da? „Vanessa? Du hier?“ Ich freute mich, sie
zu sehen. Sie war ein richtiger Sonnenschein.

Auch Vanessa war erstaunt, mich zu sehen. „Ja, ich brauchte auch
dringend frische Luft. Auf die Arbeit kann ich mich gar nicht richtig
konzentrieren. Bist Du denn mit Deinem Studium etwas weitergekommen?“, fragte
ich sie. „Da wird es aber auch langsam Zeit, daß Du wieder nach draußen kommst!“
Sie meinte, heute hatte sie eh frei, da bot es sich gleich an, bei so einem
schönen Wetter raus an die Luft zu gehen. „Eine sehr gute Idee! Aber Du
solltest mal in Irland spazierengehen. Da kann man noch richtig schön die Natur
genießen. Soviel Grün hast Du noch nie gesehen! Alleine 40 verschiedene
Grüntöne gibt es da!“, grinste ich. Ich versuchte, mit ihr Smalltalk zu führen
und nicht mehr an gestern zu denken.

„Klar hängt mir das noch sehr nach. Und es ist ja nicht nur das!“,
meinte ich zu ihr. Auch Vanessa wollte sich konzentrieren, hatte aber auch
Probleme am Abend. „Das geht aber nicht, daß Du nachher noch wegen diesem Deniz
Dein Studium in den Sand setzt!“, sagte ich ernst. Das fehlte noch. Als ich ihr
von Irland erzählte, meinte sie, Boston hätte auch so Einiges zu bieten. „Amerika?
Ist schon Jahre her, wo ich da gewesen bin!“, erzählte ich ihr. „Aber Irland
war bisher das schönste Land, was ich je gesehen habe, wenn auch das
verhängnisvollste!“, seufzte ich. „Wenn Du willst, kann ich Dir in meiner Pension
mal die Bilder von Irland zeigen! Ich habe sie mittlerweile entwickelt!“; bot
ich ihr an. „Ja, das kenne ich. Ab und zu wünscht man sich ganz weit weg. Aber
ich habe nunmal das Glück, daß ich beruflich immer viel unterwegs sein kann und
somit auch viel von der Welt sehe!“ Vanessa wollte wissen, ob ich auch von dem
Sturz gesten so viele blaue Flecken hatte. „Oh ja, das habe ich! Aber das bin
ich mittlerweile gewöhnt!“, lachte ich und mußte daran denken, wie lädiert ich
in den letzten Wochen immer wieder mal ausgesehen hatte.

 „Ich kann mir das gut vorstellen, daß
es Dir sehr zu schaffen macht. Ich hoffe sehr für Dich, daß Du das mit Deniz
klären kannst.“ Sie wollte sich ihr Studium auf keinen Fall von irgend jemandem
kaputtmachen. „Ja, aber wenn Du ständig daran denken mußt, stört es Dich ja in
der Konzentration!“ Sie erzählte mir, daß sie erst in Essen den Kopf
freibekommen hätte. „Ja, das stimmt. Für Dich ist Essen die gefährlichste
Stadt.“ Sie hatte natürlich große Bedenken, als ich ihr die Bilder in meiner
Pension zeigen wollte. Sie fragte, ob das sinnvoll sei. „Es war nur ein Angebot,
mehr nicht! Also meinetwegen bringe ich sie das nächste Mal einfach mit, wenn
wir uns nochmal sehen!“, bot ich ihr an und hatte wirklich keine Hintergedanken
dabei.

Vanessa wollte auch irgendwann mal viel
umherreisen. „Also ich brauche das unbedingt. Ich würde mich eingeengt fühlen,
wenn ich nicht mehr reisen könnte!“, sagte ich zu ihr. Sie fragte mich, ob ich
auch so blaue Flecken von dem gestrigen Sturz davongetragen hätte, was ich
natürlich bejahte. Sofort wollte sie sich als angehende Ärztin darum kümmern. „Bist
Du Dir sicher, daß Du das willst? Es wäre mir auf jeden Fall eine große Ehre,
wenn DU sie Dir anschauen würdest.“ Auch wenn ich es etwas lustig fand, daß sie
jetzt keine Bedenken mehr hatte. Sie schien mich wirklich schon sehr schnell in
ihr Herz geschlossen zu haben.